Freitag, 14. Juli 2017

Studienfahrt nach Brüssel

In diesem Post berichte ich über drei spannende Tage in Brüssel, die ich dem Preis beim Europäischen Wettbewerb verdanke. 


Sonntag

Am Sonntagmorgen stieg ich in Karlsruhe in den Bus aus Stuttgart zu. 
Alle Teilnehmer der Studienfahrt hatten diese Reise als Auszeichnung geschenkt bekommen, und obwohl der Altersschnitt der Gruppe homogen war, kamen wir doch aus ganz verschiedenen Schularten. 
Die freundliche und kompetente Leiterin der Studienfahrt Frau Ruppert, erklärte uns auf der Fahrt nach Schengen noch einmal kurz die Entstehung der EU, die vor allem zur Friedenssicherung erfolgt war. Die Wirtschaft sollte mit dem Ziel der gegenseitigen Abhängigkeit miteinander verflochten werden und unter eine gemeinsame Aufsicht gestellt werden. 

Die drei Säulen stehen für Frankreich, Benelux und Deutschland.

In Schengen besichtigten wir das Schengener Museum und die Stelle der Vertragsunterzeichnung auf der Mosel. (Das Schengener Abkommen wurde auf einem Boot geschlossen.)
Schengen liegt am Dreiländereck und zum damaligen Zeitpunkt bezog sich die Grenzöffnung nur auf Frankreich, Deutschland und die Benelux-Staaten. Die Grenzöffnung gelang übrigens auch nur durch den Druck der LKW-Fahrer, die sich weigerten, kilometerlange Staus an den Grenzen hinzunehmen.

Die Weiterfahrt gestaltete sich als schwierig, da auf der Autobahn in Richtung Brüssel eine Vollsperrung war. So kamen wir mit einiger Verspätung in der Jugendherberge an, wo wir schnell zu Abend aßen und die Zimmer bezogen. 
Von nun an bewegten wir uns nur noch zu Fuß.


Montag

Am nächsten Morgen machten wir eine Stadtführung durch den alten Stadtkern Brüssels (Unterstadt). Es stellte sich heraus, dass die Brüsseler Humor haben, denn ihr Wahrzeichen ist "Manneken Pis", ein kleiner pinkelnder Junge, der immer eine sehr volle Blase hat und damit einen Brunnen speist. Außerdem merkt man die Nähe zum Meer, denn es gibt überall Fisch und Muschelrestaurants. Auch das Bier ist nicht zu verachten, aber jetzt genug vom Kulinarischen. Von der Unterstadt, die einmal ein Sumpf gewesen war, erklommen wir die Oberstadt mit einem wundervollen Ausblick und besichtigten den Justizpalast (Palais de Justice).


Manneken Pis

im Justizpalast


Im Europaviertel machten wir schließlich Mittagspause und unser netter Guide verabschiedete sich von uns. Nachmittags besuchten wir die Baden-Württembergische Landesvertretung, die durchaus ihre Daseinsberechtigung hat. Schließlich muss "das Ländle" ordnungsgemäß repräsentiert werden, seine Interessen kundtun und immer das Ohr am Herz der EU haben, um zu wissen, was auf seine Bürger zukommt. 

In der "Schwarzwaldstube" der Baden-Württembergischen Landesvertretung


Im Anschluss besuchten wir das Parlamentarium- ein interaktives Museum zur EU und ihren vielen Aufgaben. Dort gab es zum Beispiel die Aufgabe, eine Entscheidung über einen Gesetzesentwurf zu treffen. Egal wie sehr man es auch versuchte, irgendjemand der Abgeordneten war immer unzufrieden. Hatte man nach mehreren Anläufen endlich eine Mehrheit, so war die Bevölkerung unzufrieden. Dieses Beispiel zeigte uns, dass es echt nicht einfach ist, EU-Politik zu machen und die überaus komplizierten Vorgänge dann der Bevölkerung vereinfacht zu erklären. Natürlich haben Populisten dann leichtes Spiel. Deshalb war dieses Museum eine Sternstunde der Studienfahrt und ich würde es jedem Brüssel-Touristen uneingeschränkt empfehlen.

im Parlamentarium

Als der Tag sich dem Ende zuneigte, waren wir müde und ließen den Abend gemütlich im Innenhof unserer Jugendherberge ausklingen, wo sich eine kleine Bar befindet.



Dienstag

Am Dienstagmorgen besuchten wir den Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, Rainer Wieland. Er beantwortete alle Fragen geduldig und anschaulich. Egal ob zum Umzug von Straßburg nach Brüssel, Verwaltungskosten, Flüchtlingspolitik oder Brexit- er erklärte uns Hintergründe und Fakten, stellte zum Beispiel die Kosten der EU pro Kopf denen der amerikanischen Regierung gegenüber und ging kritischen Fragen nicht aus dem Weg. Dieser Einblick war sehr hilfreich und relativierte Aussagen nationaler Politiker zum "Verwaltungsmonster EU".

das Europäische Parlament

Das Forum des Europäischen Parlaments






Danach besuchten wir das Haus der Europäischen Geschichte, in dem wir leider viel zu wenig Zeit hatten. Auch dieses Museum ist einen Besuch wert, aber man sollte mindestens einen halben Tag dafür einplanen. 


Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts

Die Verträge der EU
Das Brexit-Votum


Zu Mittag aßen wir die "beste Pommes der Welt" bei Maison Antoine, da wir nicht weit vom Place Jourdan entfernt waren. 


Mmmmh lecker!


Gestärkt begaben wir uns in Richtung Berlaymont, dem Sitz der EU-Kommission. Dort hörten wir uns einen Vortrag von Prof. Dr. Ralf von Ameln an. Er betonte in unbestechlicher Klarheit, dass alle Haushaltsgelder der EU vom EU-Rat, also den nationalen Regierungschefs einstimmig beschlossen werden (und übrigens auch deren Verwendung). Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass sich kein Regierungschef eines EU-Landes darüber beklagen kann, denn er hat ja selbst zugestimmt. In einer Diskussionsrunde wurde auch das "Weißbuch zur Zukunft Europas" debattiert, ein Buch mit fünf Szenarien zur Entwicklung der EU bis 2025. 

Das EU-Ratsgebäude



Berlaymont


Um circa 16 Uhr betraten wir den Berlaymont (, dieses riesige Gebäude das immer in den Nachrichten erscheint, wenn es um die EU geht). Wir nahmen im Sitzungssaal "Robert Schuman" Platz und fragten den EU-Kommissar Günther Oettinger über seine Tätigkeit und die Kommission aus. Ein langer Tag neigte sich dem Ende zu.


Trotzdem besuchte ich mit einigen Anderen noch die Altstadt, um eine Waffel zu essen, ein paar belgische Pralinen zu kaufen und das Konzert auf den Grand-Place zu besuchen. 

Waffeln- daran kommt man in Brüssel nicht vorbei

die Altstadt hat tolle Cafés zu bieten




Mittwoch

Am Mittwoch reisten wir pünktlich gegen 10 Uhr ab und erreichten Luxemburg ohne Staus. Dort machten wir eine Stadtführung durch die Altstadt und das Europaviertel. Das (aus meiner Sicht) Verblüffendste war die Tatsache, dass es in Luxemburg ein bedingungsloses Grundeinkommen gibt. Auch wird an den Terrassen der Stadt Gemüse angebaut, das an Bedürftige gespendet wird. Diese Tatsachen sind der Regierung aus Liberalen, Sozialisten und Grünen zu verdanken. Reich wurde Luxemburg übrigens nicht durch die Banken, sondern durch die Stahlindustrie. Außerdem hat Luxemburg rund 60% Ausländeranteil wegen der benötigten Fachkräfte. Aber wer jetzt überlegt zu emigrieren, weil das alles paradiesisch klingt, sollte mindestens vier Sprachen sprechen, auf jeden Fall aber französisch auf C1-Niveau, denn das ist dort die Amtssprache. Deutsch, Englisch und Lëtzebuergesch (Luxemburgisch) sind ebenfalls obligatorisch. Mit nur zwei dieser vier Sprachen kommt man nicht weit. Die meisten Luxemburger sprechen fünf oder mehr Sprachen. Nach unserer Stadtführung traten wir endgültig den Heimweg an.

Großherzoglicher Palast

Blick auf die Alzette und auf die Kasematten




Fazit

Zusammenfassend kann ich sagen, dass mir die Reise und auch Brüssel von Tag zu Tag besser gefallen hat. Deshalb werde ich auf jeden Fall wieder einmal dorthin fahren. Der größte Schatz der Stadt ist der Europäische Geist und die Belgische Gastfreundschaft. Durch das Programm bekam ich vermittelt, wie wichtig Europa wirklich ist und warum es sich lohnt, sich dafür einzusetzen. Auch wenn man weiß, wie die Institutionen der EU funktionieren, wird dieses Wissen erst mit einer Bildungsreise dorthin wirklich greifbar.

Da ich ja jetzt "Multipikatorin" bin, hoffe ich, mit diesem Blogeintrag ein paar Denkanstöße oder eine Inspiration für Brüssel als Reiseziel geben zu können.

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